Dienstag, 7. Oktober 2014

Das Schminktäschchen als Grabbeigabe

Durch einen Blogpost von LeoLilie bin ich auf folgende *Ironie on* Perle *Ironi off* des deutschen Feminismus gestoßen: "Hilfe, ein Häkeldiplom!" Und nein, nur weil ich einen DIY-Blog und eine Nähseite auf facebook habe, muss ich nicht automatisch dazu Stellung nehmen. Aber weil ich nunmal ein weibliches Wesen bin, dass sich durchaus für Politik und politische Entscheidungen und Einstellungen interessiert, möchte ich das.

Bei der Menge an Vorwürfen, die Fr. Fuhljahn gegen den DIY Kult erhebt, weiß man gar nicht so recht, wo man anfangen soll sich zu positionieren. Sie ist also Journalistin und hat ein Brigitte Buch veröffentlicht, vertritt dabei einen Hardcore-Feminismus der sich gewaschen hat. Aha. Wo Brigitte ja auch das feminitische Magazin schlechthin ist. Soviel also dazu.

Was hat die Dame - oh, darf man Feministinnen überhaupt so nennen? - denn nun konkret gegen DIY? Da lässt sich rethorisch höchst kreativ lesen: "[...] die alpakaweiche Bewegung tritt die Gleichberechtigung ins Knie." Autsch. Das muss ja höllisch wehtun, wenn man/n /frau so einen kuschelweichen Tritt bekommt. Ernsthaft? Nur weil ich gerne Dinge selbst herstelle, gestalte, bastle, bemale und erschaffe bin ich für den Feminismus gleich Staatsfeind Nr.1? Das scheint doch etwas weit hergeholt, aber Fr. Fuhljahn scheint es durchaus ernst zu meinen. Denn die Liebe zum DIY, zur Häkelarbeit oder zum Marmeladeeinkochen in der heimischen Küche zeige, dass die Frau (interessant auch hier, es gibt also die Frau an sich? Willkommen in der Welt der sinnlosen Verallgemeinerungen!) die Bemühungen der Frauenbewegung gar nicht zu schätzen wisse - statt Pilotin oder Kampfsportlerin zu werden, was ja anstrengend sei, profiliere man /frau sich lieber durch bedruckte Tischtücher, Häkeldeckchen und rosarote Schminketuis.
Als ob jede/r DIY Blogger ein Hausmütterchen sei, das neben der Kindererziehung nur am Herd stehe und an der Nähmaschine sitze. Nee! Genau das ist eben nicht so - DIY gab es schon immer, nur eben unter anderen Namen. Zur Trendbewegung ist es aber vornehmlich erst durch junge, im Internet aktive Menschen geworden: Blogger/innen, Facebooker/innen, Menschen, die von ihnen hergestellte und entworfene Sachen auf Pinterest, tumblr etc pp. zeigen. Weil sie stolz darauf sind. Und das zu recht, wie ich finde. Denn neben ihren Ausbildungen, Berufen oder dem Studium finden sie noch Zeit dazu, kreativ zu sein, sich selbst zu verwirklichen - und sich auszuleben. Ganz egal ob nun Frau oder Mann. Und genau da sollte man wieder einhaken, denn Fr. Fuhljahn betreibt in ihrer Kolummne genau das, was der Feminismus eigentlich ablehnen sollte: Die UNgleichstellung von Mann und Frau. Denn seien wir mal ehrlich: Würde ein männlicher Blogger Holzarbeiten auf Facebook posten, voller Stolz dazu kommentieren: 'Guckt euch meinen neuen, selbstgebauten Gartentisch an!' - dann wäre das natürlich völlig ok. Ist aber genauso DIY wie die von mir genähte Kosmetiktasche. Oh, stopp, es ist natürlich nicht das Gleiche, denn ich bin ja eine Frau, die bereits ihren ersten Universitätsabschluss in der Tasche und feste Vorstellungen von ihrer Karriere hat, nebenbei noch einen Nebenjob macht, wo man/n hart zupacken muss - und die der Frauenbewegung mit Anlauf in die Eierstöcke springt, weil sie Spaß an 'weiblichen' Tätigkeiten hat. Soweit alles klar? Nein? Gut, mir nämlich auch nicht. Ich sehe es nicht ein, warum ich als Frau nicht selbst entscheiden sollte, was mir Spaß macht, worin ich mich auslebe und warum eine 'Kampfsporttreibende Psychologin' mir vorzuziehen sei. Feminismus sollte bedeuten: Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und Männern. Er sollte nicht bedeuten: zwanghaft alle Frauen dazu zu bringen, sich wie Männer zu verhalten. Nocheinmal etwas einfacher für Fr. Fuhljahn: Ich als Frau bin ein Individuum, das selbst entscheiden kann, womit ich meine Zeit fülle und wie ich mich verhalte! Und verdammt nochmal, das Gleiche gillt auch für jeden Mann. Sie war also das erste Mädchen, dass am Werkunterricht teilnehmen durfte. Hui. Damals (jaja, damals... die gute Frau ist 40) war das sicherlich schon ein beträchtlicher Kampf. Beinahe damit zu vergleichen, dass man als Frau wählen darf. Natürlich. Ganz ehrlich? Mit solchen Anmerkungen lässt sich der Feminusmus heutzutage nicht mehr aus der Versenkung holen. Da erntet ein Mann, der als erster / einziger in der Hauswirtschaftsklasse sitzt, doch inzwischen bei weitem mehr Bewunderung. Und woran liegt das? Weil hardcore-Feministinnen sich mit ihren inzwischen überkommenen Doktrinen und Kampfrufen selbst ihr Grab geschaufelt haben. Feminismus wie der von Fr. Fuhljahn sollte begraben werden, weil er den ursprünglichen Zielen der Gleichberechtigung mehr schadet als jeder handgestrickte Angoraschal.

Ich bin eine stolze DIY-Bloggerin, eine autodidaktische Näherin die ihre Produkte auf facebook postet - teilweise um damit mein schmales Studentenbudget aufzubessern, aber vor allem, weil ich es mag, anderen Leuten eine Freude zu machen - mit Dingen, die ich 'mit ganz viel Liebe' hergestellt habe. Und ob diese Dinge dabei rosa und kuschelweich oder schwarz und nietenbesetzt sind - ob sie von Frauen oder Männern hergestellt oder getragen werden - das sollte dabei schlichtweg keine Rolle spielen. Ich gehe jetzt jedenfalls ein rosa Schminketui mit Killernieten nähen. Schlicht und ergreifend, weil ich es kann.